Blog

14.09.23: Übergabe der Empfehlungen an den Gemeinderat

Foto: Lorraine Brinkmann, Lippische Landeszeitung

Am 14.09. wurden die Empfehlungen des Kommunalen Entwicklungsbeirats feierlich an den Gemeinderat übergeben! Die zentralen Empfehlungen des Beirats wurden vorgestellt und das Dokument in gebundener Form an die Gemeinderäte übergeben. Bürgermeister Mario Hecker dankte den Mitgliedern des Beirats ausdrücklich für das große ehrenamtliche Engagement. Nun ist die Politik am Zug: In den kommenden Wochen werden die Empfehlungen in den zuständigen Ausschüssen beraten und noch vor Weihnachten soll der Gemeinderat abstimmen, wie er mit den vorgeschlagenen Empfehlungen verfährt.

Das Empfehlungspapier kann hier heruntergeladen werden.

12.08.23: Vierte und letzte Sitzung im Dorfgemeinschaftshaus Kalldorf

Bei der vierten Sitzung des Kommunalen Entwicklungsbeirats stand alles im Zeichen des Abschlusses. Intensiv wurde über die erarbeiteten Ziele und Maßnahmen diskutiert: Kleingruppen widmeten sich am Vormittag jeweils einem der Kernthemen und unterzogen den stehenden Text einem Feinschliff. Es wurde teils hitzig diskutiert, doch in allen Gruppen kam man zu einem gemeinsam getragenen Vorschlag.

Im Laufe des Nachmittages ging es dann darum, die erarbeiteten Bauteile zu einem kompletten Empfehlungsdokument zusammenzustellen und gemeinsam zu verabschieden. Das beinhaltete Phasen, in denen die Gesamtgruppe am Beamer das Textdokument durchging und einzelne Passagen im Detail weiter beriet. Ein besonderes Merkmal des KEB wurde hierbei deutlich: Entscheidungen werden nicht einfach per Mehrheitsabstimmung gefällt, sondern im Konsens. Zum Ende jedes Abschnittes wurde nicht einfach abgestimmt, sondern abgefragt, ob Personen noch Wiederstände oder ein Veto haben. Hier hat sich gezeigt, dass sich die intensive Vorarbeit gelohnt hat: Niemand hatte ein Veto und einzelne Wiederstände konnten noch geklärt werden. Damit wurde das Empfehlungsdokument einstimmig von allen Beirätinnen und Beiräten angenommen! Die Freude bei allen Beteiligten war groß.

03.06.23: Dritte Sitzung des KEB in der Jacobischule in Hohenhausen

Die dritte Sitzung begann an einem wonnigen Frühlingstag. Ein zarter Duft von Blüten hing in der Luft. Die Sonne strahlte vom klaren Himmel. Und so schön es Draußen war, so hell und freundlich war die Aula auch von Innen. Durch die offenen Fenster drang frische Luft und strahlendes Licht in den großen, offenen Raum. Die Beiräte und Beirätinnen waren auch zur 3. Sitzung des kommunalen Entwicklungsbeirates fast vollzählig erschienen, mit einer großen Portion guter Laune und Tatendrang im Gepäck. Es sollte ein guter Tag werden, mit großartigen Ergebnissen!

Bürgermeister Mario Hecker begrüßte herzlich den Beirat und die Gäste Nicole Baeumer und Jens Kronsbein. Durch Impulsvorträge der Gastredner wurde herausgestellt, wie wichtig neue demokratische Wege seien. Auch wenn die Demokratie eine etablierte und wunderbare Form unseres Staates ist, so fühlen sich doch viele Menschen davon ausgeschlossen. Einigen ist das Bewusstsein abhandengekommen, dass in dieser Staatsform wir, das Volk, die Herrschaftsgewalt ausüben. Durch neue Ansätze, wie z.B. den KEB, sollen Projekte, an denen wir Bürger mitgestalten dürfen, zu sichtbaren Resultaten und vor allem zu Verbesserungen führen. „Ich engagiere mich und erhalte kurzfristig Ergebnisse, die mein oder das Leben anderer verbessern.“ Der Esprit, mit dem Herr Kronsbein seine Rede vortrug, griff auf die Zuhörer über und versetzte sie in ein Hochgefühl, mit dem Entwicklungsbeirat auf dem richtigen Wege zu sein, einen wertvollen Beitrag für die Demokratie zu leisten.

Frau Baeumer hingegen lenkte durch ihren Beitrag den Fokus auf das Thema Gesundheitsversorgung als Herausforderung für die Zukunft. Sie berichtete von einem ähnlichen Projekt – durchgeführt mit einer Bürgerbeteiligung -, das sich mit dem Thema Gesundheit im Hinblick auf Digitalisierung beschäftigte. Mit konkreten Beispielen vertiefte sie die Inhalte und brachte so den Beirat „in die richtige (thematische) Spur“.

Inspiriert davon starteten die Beiräte ihren Ideenworkshop in zwei Teilen. In der ersten Runde sollten utopische Zustände zu jedem Kernthema formuliert werden. Was wäre, wenn wir losgelöst von Geld und Alltag, uns eine Zukunft ausmalen, wie wir sie uns wünschen? Käme dann der Arzt zu uns nach Hause, wenn wir ihn brauchen? Würde uns jemand unterstützen, wenn wir nicht weiterwüssten? Was wenn ich nicht mehr Auto fahren kann? Es stellten sich viele Fragen und es wurden viele Überlegungen gesammelt. So viele Ideen waren das, dass in einem zweiten Schritt die Besten ausgewählt wurden. Ganz demokratisch haben die Beiräte und Beirätinnen dafür bei jedem der fünf Kernthemen ihren Favoriten ausgewählt, indem sie jeweils einen von fünf Punkten an seine Seite klebten. Ganz frei konnte danach jeder seinen Favoriten in einer Gruppenarbeit weiter erarbeiten, neue Gedanken hinzufügen und ihn in die „Realität“ führen.

Was dann folgte, war an Unterhaltung kaum zu überbieten! Der große Raum wurde verdunkelt. Wie in einer Theateraufführung wurde das Publikum leise und blickte gespannt auf die Bühne.

Es riefen alle im Chor: „Spot on!“

Eine Gruppe trat in das Rampenlicht der neuen Bühne. Das Licht strahlte grell in ihre begeisterten Gesichter, als sie in 60 Sekunden ihr Projekt anpriesen. Die Redner fesselten das Publikum in Marktschreier-Manier mit Humor und Leidenschaft und informierten mit Leichtigkeit über die geplante Maßnahme. Beflügelt durch die erste Gruppe, fiel es allen anderen leicht diesem Beispiel zu folgen. Aber wer jetzt annimmt, es wäre ins Lächerliche gezogen worden, der fehlt bei Weitem! Jede Gruppe nahm ihr Projekt ernst und präsentierte es mit Eifer und Ernsthaftigkeit.

Die vorgestellten Projekte wurden daraufhin noch einmal durch alle bewertet. Ein Feedbackbogen wurde erarbeitet. Hierfür blieb eine Person bei der Maßnahme, um die Idee zu erläutern, alle anderen gingen reihum und beurteilten die Projekte.

Es entstand eine intensive Diskussion und es wurden neue Ideen ausgetauscht und Nutzer und Initiatoren benannt. Die Beiräte und Beirätinnen haben sich gegenseitig in ihren Ideen unterstützt und regional, sowie überregional gedacht. Es herrschte ein gutes und sehr konstruktives Arbeitsklima, dass mit einer großartigen vierten Sitzung rechnen lässt!

25.03.23: Zweite Sitzung des KEB in der Jacobischule in Hohenhausen

Knapp zwei Monate nach der ersten Sitzung fand am 25. März die zweite Sitzung des Kommunalen Entwicklungsbeirates im Kalletal statt, diesmal in der frisch sanierten Jacobi-Schule in Hohenhausen. Der Tag startete mit einem kurzen Überblick von Mario Hecker zu den bisherigen Bemühungen der Gemeinde zum Thema Gesundheitsversorgung im Kalletal. Darauf folgte ein Vortrag von Professor Christian Weidmann, der zu Gesundheit im ländlichen Raum forscht. Anschließend wurde über die Übertragbarkeit der wissenschaftlichen Analysen für das Kalletal diskutiert bevor es in kleineren Gruppen an die inhaltliche Konkretisierung der Kernthemen ging, die in der ersten Sitzung definiert worden waren. Auch hier wurde intensiv und konstruktiv in Kleingruppen diskutiert, um eine gemeinsame Problem- und Zieldefinition für die Kernthemen zu finden, an denen sich die späteren Maßnahmen orientieren werden. In der dritten Sitzung wird der KEB an der Stelle wieder anknüpfen, mit einem Fokus auf die Entwicklung von konkreten Maßnahmen für die Stärkung und Sicherung der Gesundheitsversorgung im Kalletal.

Die Koordinatorin des Kommunalen Entwicklungsbeirates der Verwaltung der Gemeinde Kalletal Ewa Hermann hat dazu einen Text verfasst, um das Erlebnis des Tages aus fiktiver Sicht anschaulich und nachvollziehbar zu machen.

„Da saß ich nun zum wiederholten Male. Ich opferte einen Samstag meines Lebens, doch unter uns, ich tat es gerne. Beim letzten kommunalen Entwicklungsbeirat habe ich Kontakte geknüpft, die ich beruflich bereits nutzen konnte. Der Kaffee war in Kalldorf frisch aufgebrüht und das Essen war dazu in Ordnung gewesen, also warum nicht weitermachen; ist ja auch für einen guten Zweck, sagte ich mir.

Zu meinem Erstaunen schienen das alle anderen auch zu denken, denn sie waren noch zahlreicher erschienen als zuvor. Der Stuhlkreis wirkte größer als in Kalldorf. Die Organisatoren stellen Stühle hinzu. Mario Hecker meinte bei seiner Begrüßung, das wäre ungewöhnlich für so ein „Format“; meistens nahm die Anzahl der Teilnehmer eher ab, doch das Interesse der Beirätinnen und Beiräte war ungebrochen. Er dankte den Moderatoren und natürlich uns, den Beirätinnen und Beiräten.

Es war also, wie gesagt, ein Samstagmorgen im März – bei Aprilwetter. Mein Schirm hing am Stuhl und tropfte auf die dunklen Fliesen. Ich hatte ihn bereits genutzt, allerdings nur für wenige Augenblicke, denn die Wolken zogen vorbei wie bei einem Sturm. Es war mein erstes Mal in der Jacobischule seit dem Umbau. Das Foyer, in dem wir saßen, war offen und die Grüntöne an der Decke machten den Raum ganz einladend. Die Beleuchtung stimmte mich auf einen ruhigen Vormittag ein. Ich nahm mir einen Bio-Kamillen-Tee und lehnte mich in den Stuhl; mir war an dem Tag nicht nach Kaffee. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sich viele so fühlten. Es folgte das bewährte Prozedere: eine Begrüßung, ein Rückblick, was man eben vom kommunalen Entwicklungsbeirat erwartet. Jana und Reinhard, die Moderatoren, waren sympathisch und motiviert wie beim letzten Mal, also alles bestens, bis dahin.

Worauf ich bei diesem kommunalen Entwicklungsbeirat besonders gespannt war, war der Vortrag eines Professors. Herr Prof. Dr. Christian Weidmann von der Hochschule in Furtwangen. Ein Professor für die Gesundheit im Ländlichen Raum, genau unser Thema. Wenn ich jetzt also sage, ich bin mit hohen Erwartungen und gefestigten Ansichten an die Thematik herangegangen, die ich gerne bestätigt wissen wollte, dann meine ich damit, dass wir – im ländlichen Raum – meiner Meinung nach ja total gesund leben. Wir haben frische Luft, Wälder, gutes Essen aus dem eigenen Garten, viele halten Hühner und haben damit Eier und Fleisch. Wir haben Früchte im Herbst, die Kinder können draußen spielen; das Einzige, das uns fehlt, ist die Infrastruktur, also salopp gesagt: mehr Ärzte aufs Land. Da saß ich nun mit meiner tradierten Überzeugung und wartete auf die Bestätigung des Professors. Laura kündigte nun den Vortag an, digital, aber hochkarätig.

Die Leinwand stand bereit, der Beamer brummte und Herr Prof. Weidmann schaltete sich dazu. Ich konnte ihn von meinem Platz aus sehr gut sehen. Die Beirätinnen und Beiräte wurden still. Alle waren gespannt auf den Vortrag. Er begann zu sprechen, doch so leise, dass man es kaum verstehen konnte. Die Organisatoren wurden plötzlich nervös und umringten die Box, in der Hoffnung den Lautsprecher lauter stellen zu können. Ich dachte schon: „Das wird so nichts!“ Zum Glück beendete Herr Prof. Weidmann das Debakel und stellte sein Mikrophon entsprechend ein. Doch was ich dann zu hören bekam, warf meine Überzeugungen über den Haufen. Ehrlich, ich konnte es nicht glauben.

Das Gesundheitsverhalten der Bewohner des ländlichen Raums – also unser Verhalten – sollte deutlich schlechter sein, als dass der Menschen in einer Stadt. Wir konsumieren weniger Gemüse und essen mehr Fleisch und Kalorien. Das Essen sei kräftiger und deftiger und zu kalorienhaltig. Es rührte sich ein erster Widerstand in mir. Das konnte nicht sein, wir leben doch gesünder!? Aber die Zahlen, die er zeigte, sprachen alle gegen meine Einschätzung. Sie deuteten auf ein stärkeres Übergewicht der Menschen auf dem Land, ebenso wie auf mehr Erkrankungen. Wenn ich mich recht entsinne, haben sich auch einige Beirätinnen und Beiräte über die große Menge des Essens beim Catering beklagt. Vielleicht essen wir doch etwas zu viel, macht ja auch Sinn. Wir kommen historisch gesehen aus der Landwirtschaft und dort musste man ja schwer arbeiten und entsprechend essen! Aber es ging noch weiter, der Vortrag war ja lange nicht vorbei!

Der Professor legte Zahlen, Daten und Fakten einer Studie auf, die beweisen sollten, dass es uns hier schlechter erging als den Menschen in der engen, stickigen und muffigen Stadt. Die mangelhaften Radwege und größeren Entfernung auf dem Land führen dazu, dass wir mehr das Auto als Fahrrad nutzen würden und uns deshalb weniger bewegen. Ich kam ins Grübeln. Auto fahre ich regelmäßig, na ja, täglich, um bei der Wahrheit zu bleiben, aber wann bin ich das letzte Mal Fahrrad gefahren? Ich kann ja nicht, es hat einen Platten – seit drei Jahren. Er sagte, die Gehwege in der Stadt sind weiter. Die Menschen laufen zur Metro, zur Straßenbahn oder zum Bus, dann von dort zur Arbeitsstelle. Ich laufe vom Haus in die Garage und vom Parkplatz 25 m zum Arbeitsplatz. Da hat er wohl nicht ganz unrecht.

Er berichtete, dass durch die alternde Gesellschaft, die eine bessere und intensivere ärztliche Betreuung bräuchte, der ländliche Raum „abgehängt“ wird, da die Versorgung spärlicher ist. Also zumindest in diesem Punkt waren wir uns auf Anhieb einig.

Natürlich war ich nicht alleine mit meinen kritischen Gedanken. Einige Beirätinnen und Beiräte hackten nach und hinterfragten die Studie. Gab es andere Erhebungen, fielen sie genauso negativ aus? Aber leider ja! Beirätinnen bestätigten das sogar und verwiesen auf alternative Studien mit gleichen Ergebnissen. Wir brauchten wohl doch mehr als nur ein paar Ärzte, um gesünder zu leben, dachte ich überzeugt. Aber etwas Gutes nannte er dann doch! Die soziale Unterstützung wäre einfacher zu bekommen als in der Stadt, sagte er. Die Menschen helfen sich gegenseitig und sind engagiert. Das sah man auch an dem Kommunalen Entwicklungsbeirat! Es waren alle da und halfen an diesem Tag mit die Gesundheitsversorgung zu verbessern!“

 


28.01.23: Erste Sitzung des KEB im Dorfgemeinschaftshaus in Kalldorf

Am 28.1. fand die erste Sitzung des Kommunalen Entwicklungsbeirates im Kalletal im Dorfgemeinschaftshaus in Kalldorf statt. Die 33 Beirätinnen und Beiräte lernten sich untereinander kennen, erstellten eine Bedarfsanalyse zum Thema ländliche Gesundheitsversorgung und priorisierten die Themen, an denen im weiteren Prozess vertieft gearbeitet werden soll.

Die Koordinatorin des Kommunalen Entwicklungsbeirates der Stadtverwaltung Ewa Hermann hat dazu einen Text aus Sicht einer Beirätin geschrieben, um das Erlebnis des Tages anschaulich nachvollziehbar zu machen. Die im Folgenden beschriebene Protagonistin ist fiktiv.

„Die Frau steigt aus dem Wagen. Dieser Morgen ist so kalt, dass ihr Atem in einer Wolke verdampft. Der Parkplatz ist noch leer, auch auf den Straßen regt sich nichts. Das Dorfgemeinschaftshaus, ein gepflegtes Bruchsteinhaus, liegt friedlich eingebettet inmitten hoher Bäume. Die Beirätin schreitet über das Katzenkopfpflaster und ergreift die Türklinke. Kurz zweifelt sie an ihrer Entscheidung im KEB mitzumachen, denn es ist ein Samstagmorgen, eigentlich ihr freier Tag, den hätte sie auch gut und gerne mit einem Buch auf dem Sofa verbringen können. Sie fragt sich, ob es eine gute Idee gewesen war, im Ehrenamt an einem Wochenende zu arbeiten. Doch der KEB wollte sich das ganze Jahr über mit ihrem Metier, der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum, beschäftigen. Das Thema brennt ihr unter den Fingernägeln. Sie möchte es nicht anderen überlassen Empfehlungen für den Rat der Gemeinde Kalletal zu entwerfen.  Am Ende würde sie sich ärgern, die Gelegenheit verpasst zu haben, das kommunale Gesundheitswesen mitzugestalten. Und Veränderungen braucht das Gesundheitswesen, keine Frage! 

Die Tür schwingt mit Leichtigkeit auf. Im Inneren zeigte sich das historische Fachwerk in neuem Glanz. Es ist modern ausgebaut, Glastüren, Aufzug, Holzparkettböden, doch man spürt auch deutlich die lange lippische Geschichte des Gebäudes. Einer der Moderatoren, Reinhard, empfängt die Beirätin lächelnd und mit offenen Armen. „Guten Morgen, bitte kommen Sie rein!“ er führt sie sogleich zu den Sitzplätzen. Ein Stuhlkreis. Zuletzt saß sie in der Grundschule in einem Stuhlkreis. Der Gedanke bringt sie zum Schmunzeln. Doch hierbei handelt es sich um neue Beteiligungsformen der Demokratie, warum dann auch nicht mal andere Formen des Zusammenseins ausprobieren, denkt sie und zuckt mit den Schultern. Sie entscheidet sich für einen Sitzplatz auf der gegenüberliegenden Seite der Leinwand. Der ist weniger verbindlich, wie sie findet. Eine hellgrüne Mappe liegt auf ihrem Stuhl, so wie bei allen anderen auch. Sie blättert darin herum. Die Agenda und Klebepunkte,  stellt sie fest. Sie legt sie bei Seite. Irgendwie fühlt sie sich „nackt“, so ganz ohne schützenden Tisch vor sich. Sie legt die Tasche neben dem Stuhl ab, den Mantel behält sie an. Es ist kühl in den alten Gemäuern. Eine Energieeinsparmaßnahme, das hatte sie irgendwo gelesen. Eine Organisatorin, sie stellt sich ihr als Ewa vor, führt sie zu einem Buffet.


Sie pumpt einen dampfenden Kaffee in ihre Tasse, als eine größere Gruppe das Gebäude betritt. Nach und nach füllt sich das Haus. Die innigen Begrüßungen zeigen, dass viele der Beirätinnen und Beiräte sich gut kennen. Auf dem Dorf ist das so, denkt sie voller Wärme. Die Beirätinnen und Beiräte nehmen sich ein Brötchen und tragen die Kaffeetassen an ihre Sitzplätze. Es klappert und klackert, Stühle werden hin und her geschoben, geschäftiges Treiben herrscht in dem Bruchsteinhaus. Kaffeeduft durchströmt die Deele. „Von welcher Organisation kommen Sie?“ ein Mann spricht sie freundlich an, als sie sich ein Käsebrötchen aussucht. Sie dreht sich überrascht zu ihm um und erkennt, dass er kaum sein Abitur in der Tasche haben kann, so jung sieht er aus. Noch bevor sie antworten kann, ruft der Moderator die Teilnehmenden auf ihre Plätze. Sie lächelt den Jungen an. Er nickt verständnisvoll und geht zu seinem Stuhl. „Auch ein Beirat!“ ihre Überraschung könnte nicht größer sein.

Einige Fröstelnde wechseln ihren Sitzplatz und rücken, unter heiteren Kommentaren, an die Heizkörper heran. Doch plötzlich, in all dem Gewirr, betreten eine junge Frau, Janna Kramer, Reinhard Sasse und der Bürgermeister, Mario Hecker, den Stuhlkreis. Sie bleiben nahe der Leinwand stehen und blicken voller Erwartung zu den Beirätinnen und Beiräten. Es wird still. Alle Teilnehmenden setzen sich, einige mit ihren Kaffeetassen in der Hand. Der Bürgermeister begrüßt die Teilnehmenden herzlich und bedankt sich für ihr Kommen. Er betont seine Wertschätzung für die ehrenamtliche Arbeit der Beirätinnen und Beiräte.„Mir wurde gesagt, ich darf nicht dabei sein. Zum einen bedaure ich das, zum anderen jedoch ist es genau richtig. Denn Sie sind der Beirat! Sie sollen unabhängig von mir Empfehlungen erarbeiten und ich möchte ihnen hierfür weder eine Richtung geben noch andere Vorgaben machen. Ich freue mich sehr, am Ende des Prozesses, ihre Empfehlungen entgegen zu nehmen und mit dem Rat und der Verwaltung zu diskutieren.“ Und mit diesen freundlichen Worten startet der arbeitsreiche Tag ganz mühelos. Aus einzelnen Beiträgen, Vorstellungsrunden, Vereinbarungen und Erwartungen, wird ein Informationsfluss und ehe man sich versieht wird man mit dieser Strömung mitgezogen und all das verfliegt im Fluss der Zeit. Die Beirätin wundert sich, wie angenehm die Runde ist. Die Teilnehmenden sind alle aufgeschlossen und respektvoll. So, als führe der Stuhlkreis dazu, dass niemand etwas zu verbergen hätte. Man sieht den Menschen buchstäblich als Ganzes. Die Mimik und Gestik, die Vehemenz, aber auch die Freundlichkeit mit der jemand spricht. „Gar nicht so schlecht, das Konzept“, denkt sie bei sich. Aus dieser Offenheit entwickeln sich die ersten Ideen. Doch schneller als erwartet unterbrechen die Moderatoren die Diskussion. Mittagspause. Sie nimmt ihre hellgrüne Mappe zur Hand und schreibt unter Zeitdruck noch schnell eine Notiz hinein. Ihre Idee will sie nicht wieder vergessen.


Während der Mittagspause nimmt sie an einem Tisch mit dem Seniorenbeiratsvertretern Platz, nachdem sie sich am Buffet bedient hatte. „Schon verrückt, wie bunt gemischt der Beirat ist“, denkt sie dabei. Die Jungen erstellen Beiträge für den Instagram-Kanal, angeleitet von Anastasia Sghaier, die den KEB auf Instagram begleitet, während die Senioren von einer „Schwester Berta“ erzählen, die vor Jahrzehnten in den Dörfern für die Krankenversorgung zuständig gewesen war. Nach dem Mittagessen geht es in Kleingruppen weiter. Die Beirätin mit der hellgrünen Mappe, die ihre Notiz wie einen Schatz mit sich trägt, entscheidet sich für die Gruppe „Gesundheitliche Versorgung“. Das ist ihr Gebiet, hier kann sie etwas beitragen. Frauen und Männer unterschiedlichsten Alters sitzen zusammen und breiten die Bedarfe und Probleme, die ihnen zu dem Thema einfallen, vor sich aus. Die einen sind vom  Fach, das merkt man gleich, die anderen vertreten Gruppen, wie z.B. Grundschulen oder Organisationen, die sich um die Integration von Geflüchteten kümmern. Und so unterschiedlich wie diese Personen sind, so unterschiedlich ist das fachliche Level auf dem diskutiert wird. Die einen können etwas zum Bedarf und zu den Problemen beitragen, die anderen können Lösungswege aufzeigen, die verbessert werden müssen.




Während die Beirätin noch in intensiven Diskussionen in ihrer Kleingruppe vertieft ist, ruft der Moderator Reinhard schon wieder die Gruppen zusammen. Er erklärt die Methode des „Museumsrundgangs“, bei dem die Beiräte und Beirätinnen sich die einzelnen Gruppenarbeiten anschauen und kommentieren können. Mehr Karten werden geschrieben und ergänzt, der Raum füllt sich mit einem Gewirr aus Stimmen. Nachdem alles geteilt und gesagt ist, muss nun entschieden werden, welche Kernthemen in den nächsten Sitzungen konkretisiert und weiterbearbeitet werden sollen. Dafür sollen die Mitstreiter runde Aufkleber an die Karten mit den Inhalten kleben, die ihnen am Wichtigsten erscheinen.


Hin und her gerissen steht die Beirätin in der Deele und blickt zwischen den vielen Tafeln hin und her. Doch natürlich ist es wichtig sich festzulegen. Es sollen am Ende Empfehlungen formuliert werden, die realistisch sind. Die Beirätin entscheidet sich für die Punkte, die ihr besonders am Herzen liegen. Sie klebt sie schnell auf und geht zu ihrem Sitzplatz im Stuhlkreis. Erleichtert atmet sie aus, ihre Entscheidung gefällt ihr. Reinhard und Janna sammeln die Karten mit den meisten Punkten ein und hängen sie, sichtbar für alle, auf einer Tafel auf.
Prävention, Mobilität, erweiterte Angebote, medizinische Versorgung, Information, Koordination
steht auf gelben Kärtchen in großen Lettern geschrieben. Die Beirätin blickt von ihrem Sitzplatz aus gespannt nach vorne und liest die Worte leise für sich selbst. Sie hatte diese Begriffe auch fast alle gewählt. Sie ist zufrieden, denn sie hat ein gutes Gefühl bei jedem dieser Worte. Sie kann die Ideen bereits sprießen fühlen, die sie bei der nächsten Sitzung präsentieren möchte. Janna sieht wieder erwartungsvoll zu den Beirätinnen und Beiräten. Mit welchem Gefühl sie nach Hause gehen, möchte die Moderatorin wissen. Die Beirätin lächelt sie an. Sie nickt zufrieden. Dieser Samstag hat sich für sie gelohnt. Sie wird mit einem guten Gefühl in ihren Wagen steigen und sich bereits jetzt auf das nächste Treffen freuen.

Die Planungsphase für den KEB ist abgeschlossen!

Die Steuerungsgruppe bestehend aus Axel Wattenberg, Heiderose Osterhage, Leon Voigt, Ewa Hermann, Laura Gerards Iglesias (Prozessbegleiterin der Berlin Governance Platform), Manfred Rehse und Mario Hecker traf sich insgesamt vier mal zwischen September und Dezember 2022.

Einen Tag nach Nikolaus traf sich die Steuerungsgruppe des KEB bestehend aus Mario Hecker, Manfred Rehse, Heiderose Osterhage, Axel Wattenberg, Leon Voigt und Ewa Hermann zum letzten Mal im Sitzungssaal des Rathauses, um gemeinsam einen der wichtigsten Schritte zu machen: Die Benennung der Beirätinnen und Beiräte.

Der Kaffeeduft erfüllte den großen Raum, als die Mitglieder der Steuerungsgruppe in einem konstruktiven Diskurs über den Listen der potenziellen Beiräte grübelten. Wer fällt unter welche Organisation? Sind genug Frauen vertreten? Sind auch Personen aus unterschiedlichen Altersgruppen dabei? Diese Fragen waren zu sortieren und zu beantworten. Der Diskussion gingen viele Stunden der organisatorischen Arbeit und Vorbereitung vorweg. Auch mehrere Treffen der Steuerungsgruppe waren notwendig, um an diesen Punkt zu gelangen. Zuvor hatte die Steuerungsgruppe, in der Politik, Verwaltung ebenso vertreten war wie der Seniorenbeirat und Leon als Jugendvertreter, den Auftrag für den KEB spezifiziert und einen Zeitplan für das Projekt erstellt. Die Steuerungsgruppe verstand sich von Anfang an als „Team“, das auf Augenhöhe und offen und ehrlich zusammenarbeitet. Moderiert wurde die Steuerungsgruppe von Laura Gerards Iglesias, der Prozessbegleiterin für den KEB Prozess im Kalletal von der Berlin Governance Platform.

Der Auswahl der Beiräte und Beirätinnen war ein Anschreiben des Bürgermeisters an alle im Gesundheitswesen tätigen Personen im Kalletal vorausgegangen, sowie ein öffentlicher Aufruf zur Bewerbung für einen Platz im KEB. Die Listen setzten sich aus den Personen zusammen, die im Gesundheitswesen in Kalletal arbeiten und unterschiedliche Alters- und Zielgruppen darstellen. Alt und Jung, Mann und Frau, Mediziner und Zivilgesellschaft. Die Verwaltung, Organisationen und das Ehrenamt waren ebenso vertreten. Es sollte ein Schnitt durch alle vom Thema betroffenen Gruppen abgebildet werden. Nur so kann der KEB Ergebnisse erarbeiten, die der Komplexität des Themas gerecht werden. Nun stellten sich für die Steuerungsgruppe die Fragen: Hatten sich genügend Personen zurückgemeldet? Oder gar zu viele für die vorgesehenen 30 Plätze?

In der Tat hatten sich sogar mehr Personen zurückgemeldet, als Plätze da waren. Erleichterung machte sich im Raum breit, aber schnell gefolgt von sorgenvollen Gesichtern. Wie sollte man entscheiden, wer mitmachen dürfe und wer nicht? Schließlich betrifft das Thema Gesundheit ja jeden. In einer intensiven Sitzung diskutierten die Steuerungsgruppenmitglieder über verschiedene Zusammensetzungen, wägten ab, und stellten schließlich eine Liste zusammen: Am Ende wurde der KEB um zwei Plätze vergrößert, und die Auswahl orientierte sich daran, dass so viele unterschiedliche Perspektiven und persönliche Hintergründe wie möglich, z.B. mit Bezug auf Alter, im KEB vertreten waren. Ein erleichtertes Raunen ging durch den Raum. Der Arbeitsaufwand der vergangenen Wochen hat sich gelohnt. Die Teilnehmer der Sitzung konnten mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.

Im nächsten Schritt werden die Organisatoren die zukünftigen Beiräte und Beirätinnen anschreiben und Einladungen für den KEB versenden. Die Mitglieder der Steuerungsgruppe freuen sich jetzt bereits auf die Sitzungen des KEB und auf viele konstruktive Diskussionen.

Wenn Sie wissen möchten, wie es mit dem KEB weitergeht, sind Sie hier richtig. Wir werden hier über aktuelle Entwicklungen und über die erste Sitzung, die Ende Januar stattfinden wird, berichten.“